Euromünzen

Kapitalerträge und Kirchensteuer - ein Kapitel für sich

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Kirchenkapitalertragsteuer

Änderungen zur Abgeltungsteuer

Banken und Versicherungen informieren ihre Kunden über ein vereinfachtes Verfahren für die Erhebung der Kirchensteuer auf Kapitalerträge.

Die Abgeltungsteuer wurde zum 1. Januar 2009 eingeführt. Ziel der Abgeltungsteuer ist es, Kapitalerträge mit einem pauschalen Steuersatz an ihrer Quelle anonym zu besteuern. Für die Erhebung der Kirchensteuer auf Kapitalerträge wurde zum 1. Januar 2009 eine Übergangslösung vorgesehen, ab dem 1. Januar 2015 wird die Kirchensteuer auf Kapitalerträge nun in das System der Abgeltungsteuer eingebunden.

Das heißt: Wie die Kapitalertragsteuer selbst wird auch die darauf entfallende Kirchensteuer direkt an der Quelle der Auszahlung abgezogen und anonym an die Finanzverwaltung abgeführt. Seit einigen Wochen informieren die Banken und Versicherungen ihre Kunden über eine neu Verfahrensregelung zur Erhebung der Kirchensteuer auf Kapitalerträge (Abgeltungsteuer). Kirchenmitglieder fragen nach den Gründen und den Auswirkungen dieser Änderung.

Vereinfachtes Verfahren für die
Erhebung der Kirchensteuer auf Kapitalerträge

„Kapitalerträge, also beispielsweise Zinsen, gehören zu den Einkünften, die schon immer der Besteuerung unterliegen – auch hinsichtlich der Kirchensteuer“, erklärt dazu Oberkirchenrat Hans-Peter Hübner, der für Gemeinden und Kirchensteuer zuständige Referent der Landeskirche. „Bereits seit 2009 wird die Abgeltungsteuer im Wege eines automatisierten Steuerabzugs von der Bank einbehalten und an die Finanzbehörden weitergeleitet. Das soll künftig genauso auch mit der Kirchensteuer geschehen.“

Demgemäß informiert ab 2015 das Bundeszentralamt für Steuern die Banken elektronisch verschlüsselt darüber, wer von ihren Kunden Kirchenmitglied ist. Die Banken ermitteln dann die Höhe der Kirchensteuern und führen sie automatisiert und anonym über die Finanzämter an die entsprechende Kirche ab.

Keine neue Steuer

„Das vereinfachte Verfahren bedeutet keine neue Steuer und keine Steuererhöhung. Die Kirchensteuer beträgt weiterhin acht Prozent von der staatlichen Steuer. Auch die Steuerfreibeträge bleiben unverändert: 801,00 Euro für Ledige und 1.602,00 Euro für Verheiratete. Durch die pauschale Abgeltungsteuer von 25 Prozent ist die Kirchensteuer in den meisten Fällen gegenüber dem früheren Steuerrecht sogar gesunken“, so Oberkirchenrat Hübner. „Die Kirchenmitglieder müssen sich um nichts weiter kümmern. Das neue Verfahren erfüllt die hohen Anforderungen des Datenschutzes. Bankmitarbeitende erfahren nicht, welcher Kirche der Kunde angehört.“

Wenn ein Kunde nicht wünscht, dass das Bundeszentralamt für Steuern seine Bank über seine Kirchenmitgliedschaft informiert, so kann er beim Bundeszentralamt eine Sperre setzen lassen. Über diese Möglichkeit klären die Banken derzeit ihre Kunden auf. Wählt ein Kunde diese Möglichkeit, dann behält die Bank die Kirchensteuer nicht ein. Das Bundeszentralamt informiert aber das Finanzamt über diese Sperre. Der Bankkunde ist dann verpflichtet, eine Steuererklärung mit der Anlage KAP abzugeben, damit die Kirchensteuer erhoben werden kann.

Nein, das automatische Verfahren zum Einbehalt von Kirchensteuer auf Kapitalerträge, das ab dem 1. Januar 2015 zur Anwendung kommen soll, ist keine neue Kirchensteuer und keine Steuererhöhung. Die Kirchensteuer beträgt weiterhin acht Prozent der staatlichen Steuer. Grundsätzlich wird die Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer erhoben. Da Kapitalerträge wie zum Beispiel Zinsen generell Einkünfte sind, die der Einkommensteuer unterliegen, wurde auch bisher die Kirchensteuer auf Basis der Kapitalerträge beziehungsweise der darauf zu entrichtenden Kapitalertragsteuer festgesetzt. Es handelt sich also nicht um eine neue Steuer, sondern lediglich um ein neues automatisiertes und anonymes Erhebungsverfahren.

Die Abgeltungsteuer wurde zum 1. Januar 2009 eingeführt. Ziel der Abgeltungsteuer ist es, Kapitalerträge mit einem pauschalen Steuersatz an ihrer Quelle anonym zu besteuern. Dazu führen Banken, Versicherungen und Kapitalgesellschaften auf Kapitalerträge 25 Prozent Einkommensteuer an die Finanzämter ab. Der wesentliche Charakter dieses Verfahrens ist, dass die Kapitalertragsteuer anonym und pauschal mit abgeltender Wirkung erhoben wird. Schon bei Einführung der Abgeltungsteuer hat der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, auch die Erhebung der Kirchensteuer auf die Kapitalerträge der Systematik der Abgeltungsteuer zu unterwerfen. Da die Kirchensteuer nur von Angehörigen steuererhebender Religionsgemeinschaften erhoben werden darf, hielt der Gesetzgeber dafür die Einrichtung einer Datenbank für notwendig. Diese soll es den Stellen, die die Kapitalertragsteuer einbehalten, ermöglichen, elektronisch und automatisiert festzustellen, ob ein Steuerpflichtiger Angehöriger einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft ist. Eine entsprechende Datenbank stand bei Einführung der Abgeltungssteuer im Jahre 2009 nicht zur Verfügung; daher wurde zunächst ein Übergangsverfahren eingerichtet.

Ab dem 1. Januar 2015 wird die Kirchensteuer auf Kapitalerträge nun in das System der Abgeltungsteuer eingebunden. Das heißt: Wie die Kapitalertragsteuer selbst wird auch die darauf entfallende Kirchensteuer direkt an der Quelle der Auszahlung abgezogen und anonym an die Finanzverwaltung abgeführt.

Für die Erhebung der Kirchensteuer auf Kapitalerträge wurde mit Einführung der Abgeltungsteuer zum 1. Januar 2009 eine Übergangslösung vorgesehen. Das eigentliche Ziel, den umfassenden verpflichtenden Quellensteuerabzug auf der Grundlage eines elektronischen

Informationssystems vorzunehmen, war zu diesem Zeitpunkt technisch noch nicht realisierbar.
Für das automatische Verfahren zum Einbehalt von Kirchensteuer auf Kapitalerträge sollte auf die Datenbank des ELSTER-Lohn-II-Verfahrens zurückgegriffen werden, die seit dem Jahr 2013 die Lohnsteuerkarte ersetzt. Diese Datenbank war im Jahre 2009, als die Abgeltungsteuer eingeführt wurde, noch nicht aufgebaut. Mit Fertigstellung und Inbetriebnahme dieser Datenbank standen erstmals auch die technischen Voraussetzungen für die Entwicklung eines neuen automatischen Verfahrens zum Einbehalt von Kirchensteuer auf Kapitalerträge zur Verfügung.

 

Für ab 2015 zufließende Kapitalerträge führt das neue Verfahren zu einem automatischen Einbehalt von Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Kunden, die bislang ihrer Bank die Religionszugehörigkeit nicht mitgeteilt hatten, waren verpflichtet, entsprechende Angaben in der Einkommensteuererklärung zu machen, damit die Kirchensteuer festgesetzt werden kann. Das ist künftig nur noch in Sonderfällen notwendig. Neben der Verfahrensvereinfachung durch das automatisierte Verfahren ist es in Zukunft außerdem möglich, die anfallende Kirchensteuer genau an die Landeskirche oder Diözese abzuführen, in der der Kirchensteuerzahler seinen Wohnsitz hat. Bisher wurde die Kirchensteuer auf Kapitalertragsteuer nur für die jeweilige Konfession (zum Beispiel ‚ev‘ für evangelisch und ‚rk‘ für römisch-katholisch) einbehalten und an eine zentrale Stelle abgeführt, die das Aufkommen nach einem zwischen den berechtigten Landeskirchen vereinbarten Verteilungsschlüssel weitergeleitet hat. Dieses pauschale Verfahren wird also durch eine präzise, ortsgenaue Zuordnung ersetzt.

Ja, es gibt die Möglichkeit, der Weitergabe des „Religionsmerkmals“ zu widersprechen, indem man einen Sperrvermerk beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) abgibt. Die Stellen, die die Kapitalertragsteuer einbehalten, erhalten in diesem Fall auf ihre Anfrage beim BZSt einen Nullwert, wie bei Steuerpflichtigen, die keiner steuererhebenden Religionsgemeinschaft angehören. Die Kirchensteuer wird dann nicht automatisch einbehalten. Wer einen Sperrvermerk eingelegt hat, muss sich wegen seiner Kirchensteuer auf Kapitalerträge beim Finanzamt veranlagen lassen. Das Finanzamt wird ihn dazu auffordern.
Nähere Informationen zu dem Sperrvermerk und das Formular, mit dem der Sperrvermerk eingelegt werden kann, finden sich auf der Website des BZSt.

Es muss nichts getan werden. Mit Beginn des neuen automatisierten Verfahrens wird die für die Person zutreffende Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer wie bisher durch die Bank oder Versicherung ermittelt und über das Finanzamt an die entsprechende steuererhebende Religionsgemeinschaft abgeführt.

Die Kirchensteuer ist ein Finanzbeitrag der Kirchenmitglieder für ihre Kirche. Sie ist keine
staatliche Subvention, sondern ein Mittel der Selbstfinanzierung der Kirche durch ihre Mitglieder. Die Mitwirkung des Staates beim Steuereinzug wird bezahlt von den Kirchen und ist kein Geschenk. Die Kircheneinkommensteuer wird in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern durch die drei Evangelisch-Lutherischen Kirchensteuerämter in Bayreuth, München und Nürnberg erhoben. Die Kirchensteuer beträgt in Bayern acht Prozent der Lohn- und Einkommensteuer (außerhalb Bayerns und Baden-Württembergs neun Prozent). Sofern Sie also Kapitalertragsteuer zahlen, wird auf diese die Kirchensteuer in Höhe von acht Prozent erhoben. Sie wird über das Finanzamt eingezogen und an die Kirchen weitergegeben. Der Staat erhält für diesen Dienst zwischen zwei und vier Prozent des Steueraufkommens.

Ja, auch für die Kirchensteuer gilt der Sparer-Pauschbetrag. Dieser beträgt 801,00 Euro für Ledige und 1.602,00 Euro für Ehepaare. Bis zu diesem Betrag bleiben Kapitaleinkünfte steuerfrei, nur darüber hinaus gehende Beträge unterliegen der Abgeltungssteuer und damit auch der Kirchensteuer. Soweit also ein Steuereinbehalt aufgrund eines erteilten Freistellungsauftrages unterbleibt, wird auch keine Kirchensteuer einbehalten.

Auch bei der Kirchensteuer auf Kapitalerträge wird ein Sonderausgabenabzug gewährt, auch wenn § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht unmittelbar zur Anwendung kommt. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist die Kirchensteuer bei der Festsetzung der Einkommensteuer als Sonderausgabe abziehbar und mindert so die Einkommensteuerschuld. Da es bei der Besteuerung der Kapitalerträge gerade nicht zu einer Festsetzung der Einkommensteuer beim Finanzamt kommen soll, wird der Sonderausgabenabzug in diesem Verfahren anders berücksichtigt, indem der steuermindernde Effekt gezahlter Kirchensteuer bei der Kapitalertragsteuer (Abgeltungsteuer) rechnerisch ermittelt und im Steuersatz berücksichtigt wird. Im Ergebnis beträgt der Steuersatz für nicht Kirchensteuerpflichtige 25 Prozent, für Kirchensteuerpflichtige beträgt er 24,51 Prozent bei einem Kirchensteuerhebesatz von 8 Prozent.

Beispiel (vereinfacht, ohne Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrags): Herr Mustermann erhält für das abgelaufene Kalenderjahr 10.000 Euro Zinsen. Er ist evangelisch und lebt in Bayern, wo der Kirchensteuersatz 8 Prozent beträgt. Ohne den pauschalen Sonderausgabenabzug würde Herr Mustermann 2.500 Euro Abgeltungsteuer (25 Prozent), 137,50 Euro Solidaritätszuschlag (5,5 Prozent) und 200 Euro Kirchensteuer (8 Prozent) auf seine 10.000 Euro zahlen müssen, also insgesamt 2.837,50 Euro. Mit der pauschalen Ermäßigung sieht die Berechnung wie folgt aus:

Abgeltungsteuer = 10.000 Euro: (4 + 0,08) = 2.451 Euro
Solidaritätszuschlag = 2.451 Euro x 0,055 = 134,81 Euro
Kirchensteuer = 2.451 Euro x 0,08 = 196,08 Euro
Durch die pauschale Ermäßigung zahlt Herr Mustermann nur 2.781,89 Euro.

Die Kirchensteuerabzugsverpflichteten, zum Beispiel Banken und Versicherungen, erhalten das Religionsmerkmal ihrer Kunden verschlüsselt auf elektronischem Weg mitgeteilt. Dabei wird das Religionsmerkmal, mit dem die konkret steuerberechtigte Religionsgemeinschaft (also die einzelne Landeskirche oder Diözese) identifiziert werden kann, als sechsstellige Kennzahl übermittelt. Die Verarbeitung des Religionsmerkmals erfolgt in einer gesicherten Umgebung. Der Kirchensteuerabzugsverpflichtete darf die von ihm für die Durchführung des Kirchensteuerabzugs erhobenen Daten ausschließlich für diesen Zweck verwenden. Er hat organisatorisch dafür Sorge zu tragen, dass ein Zugriff auf diese Daten für andere Zwecke gesperrt ist.

In Deutschland kommt es häufig vor, dass Ehepaare ein gemeinsames Konto unterhalten. Bei
Gemeinschaftskonten werden die Kapitalerträge typisierend jedem Ehegatten zur Hälfte zugerechnet. Beispiel: Der Mann ist evangelisch, seine Frau gehört keiner Kirche an. Beide haben ein gemeinsames Aktiendepot. Die Bank berechnet dann nur für den Ehemann die Kirchensteuer entsprechend seinem Bundesland und führt auch nur für die Hälfte der steuerpflichtigen Zinserträge (des Ehemannes) Kirchensteuer an das Finanzamt ab.

19.02.2023
Andrea Seidel